Über den Einsatz von Social Media im (Content) Marketing ist vor allem mit Hinblick auf Facebook und Instagram bereits viel publiziert worden. Neben diesen und weiteren bekannten Plattformen lohnt es sich, immer mal wieder den Blick zu erweitern. Gerade Pinterest bietet was Content Marketing und Brand Engagement angeht sehr interessante Möglichkeiten, wird hierzulande in der Breite aber oft noch unterschätzt. Im Rahmen von Social Media-Beratungsaufträgen wurde ich immer wieder bzgl. Tipps zur Nutzung von Pinterest im Marketing gefragt. In einer Mini-Serie sollen Dos and Don’ts beleuchtet werden. In diesem ersten Teil soll versucht werden, die Marktsituation von Pinterest in Deutschland kurz einzuordnen.
Als unendlicher Katalog an Ideen will Pinterest Menschen helfen, für sie relevante Ideen zu entdecken, zu sammeln und umzusetzen. Pinterest bietet seinen weltweit mehr als 150 Millionen monatlich aktiven Nutzern mittlerweile mehr als 75 Milliarden Pins im System – von Nutzern auf mehr als 1 Milliarde Boards kuratiert – und tagtäglich kommen Millionen neuer Ideen aus aller Welt hinzu. Im Sommer 2014 eröffnete Pinterest sein erstes Office in Deutschland (Horizont-Artikel 2014), um die Expansion im deutschsprachigen Markt gezielt weiter zu entwickeln. In den letzten mehr als zweieinhalb Jahren ist es gelungen, Pinterest als relevante Plattform für B2C- und B2B-User hierzulande einzuführen, zu etablieren und das Produkt nachhaltig weiter zu entwickeln. Die deutlich gewachsene Marktrelevanz lässt sich gut an ein paar beispielhaften Aspekten aufzeigen. Pinterest selbst kommuniziert keine detaillierten Nutzerzahlen für die meisten seiner internationalen Märkte.
(1) Steigerung von User-Interesse und Auffindbarkeit
Seit dem Sommer 2014 ist das „Interesse“ (Google Trends) an Pinterest in Deutschland mit zunehmender Dynamik gestiegen. Dieser Anstieg ist sicherlich zum einen das Ergebnis der vielfältigen Arbeiten am Produkt wie auch zum anderen der lokalen Aktivitäten im Markt.
Der Verlauf ist um so erfreulicher, wenn man sich die globale Entwicklung (relativ stabil) und die Entwicklung in den USA als Heimatmarkt ansieht (Pinterest bereits sehr bekannt).
Da Pinterest kein klassisches Social Network ist und auch nicht von Stars und Sternchen als medialer Eigenkanal genutzt wird (werden kann) sind medialer Hype und Viralität deutlich reduzierter im Vergleich zu den Celebrity-Begleiterscheinungen wie sie zum Beispiel Instagram oder Snapchat erfahren haben. Gleichwohl kann dies auch zu einer gewissen Robustheit des Wachstums beitragen. Aktuell weist der Google Trend in Deutschland für „Pinterest“ beispielsweise ein höheres Interesse aus als für „Snapchat“.
Das deutlich gestiegene Interesse der Nutzer spiegelt sich auch in der Wahl von Pinterest zu einem der beliebtesten Digitalprodukte der Deutschen 2016 im Rahmen der Handelsblatt / YouGov-Studie wieder (Details zur Studie). Durch die Aktivitäten im Markt und diverse SEO-orientierte Maßnahmen im Engineering-Bereich (Pinterest Engineering Blog und Growth Everywhere-Blog) ist die Sichtbarkeit von Pinterest in den letzten 2,5 Jahren deutlich gestiegen.
Gerade haben Sistrix (+337%) und Searchmetrics (+144%) im 2016’er Review jeweils Pinterest zum SEO-Gewinner gekürt.
(2) Produktweiterentwicklung und Product-Market-Fit
In den letzten 2,5 Jahren seit Team-Start in Deutschland hat sich Pinterest deutlich weiterentwickelt, was sich zum einen in der Steigerung der globalen Userzahlen und zum anderen im konstant gewachsenen Anteil der User außerhalb des Heimatmarktes USA ablesen lässt. Das internationale Wachstum resultiert neben den Aktivitäten in Ländern mit Teams vor allem auch aus der Weiterentwicklung des Produktes – Desktop wie Mobile.
So wurde zum Beispiel der Signup- und Onboarding-Fluss optimiert, um dem User nach seiner Anmeldung eine bestmögliche Produkterfahrung zu bieten (Engineering Blog-Beitrag). Das Schaffen von kuratierten und teilweise automatisierten Content-Distributionsflächen hilft dem User, für ihn interessante Ideen und Anregungen zu finden und die Produktnutzung für ihn weiter zu optimieren (Featured Collections Blogbeitrag). Auch rund um User-Aktivierung und –Engagement wurden verschiedene Weiterentwicklungen umgesetzt (Engineering Blog-Beitrag und Notifications-Blogbeitrag). Diverse weitere Produkt- und Feature-Erweiterungen lassen sich auf den Blogs der Plattform nachlesen.
(3) App-Store Ranking und Downloads
Die Pinterest-Nutzung findet im globalen Schnitt zu ca. 80% mobile statt. Somit lohnt ein Blick auf die App-Store-Daten. Das Ranking der Pinterest-iOS-App in Deutschland hat sich seit Sommer 2014 konstant und nachhaltig von einem Rang in den 270’ern auf einen der Top 10 Plätze entwickelt. Am 16./17.1. lag Pinterest sogar auf Rang 4.
Im Google Play Store konnte das Ranking ebenfalls signifikant gesteigert werden von einem Rang >500 auf Platzierungen in den Top 10. Positive Entwicklungen des App-Store-Rankings basieren auf entsprechender Nutzeraktivität (Suche nach App, Download der App etc.), die wiederum vom Ranking positiv beeinflusst werden. Ein aus App-Sicht charmanter Kreislauf, wenn man ihn in Schwung bringen kann. Bei entsprechender Themenaffinität / Useraktivitäten kann es zudem zu einem Feature durch den App-Store kommen. Auch diese helfen bei der weiteren Entwicklung.
Das positive Bild des App-Store-Rankings spiegelt sich auch in den (geschätzten) Downloads wieder, die der Analytics-Anbieter Priori ausweist. So konnten bspw. die monatlichen (geschätzten) iOS App-Downloads (iPhone und iPad) von September 2014 (erste verfügbare Daten) bis September 2016 um +374% gesteigert werden. Bezieht man Dezember 2016 auf September 2014 beträgt die Steigerung sogar +735%.
Wenn man den Daten von Priori folgt, dann konnte Pinterest was die monatlichen Downloads mittlerweile zu den beliebten Social Networks Instagram und Snapchat aufschliessen.
(4) Visits im Vergleich
Pinterest kommuniziert bislang keine Userzahlen auf Länderbasis. Global gibt es derzeit ca. 150 Millionen monatlich aktive User (Blogpost). Die App-Store Daten geben schon ein erstes Gefühl für die Größe / Relevanz im Markt. Eine weitere Annäherung kann mittels der Similarweb-Visit-Daten vorgenommen werden. Similarweb weist für de.pinterest.com im Oktober 2016 Visits von 39,49 Millionen aus, was in etwa den Visits von Chefkoch, Europas größter Kochseite, entspricht. Für Chefkoch weist Similarweb für den Oktober 2016 Visits von 39,50 Millionen aus.
Eine durchaus interessante Größenordnung, wenn man diese mit Deutschlands größten Frauensites Brigitte (8,91 Mio.), gofeminin (9,75 Mio.) und Wunderweib (6,21 Mio.) oder den großen Food-Seiten wie essen&trinken (4,34 Mio.), Eat Smarter (3,35 Mio.) oder Lecker (3,95 Mio.) vergleicht. Setzt man die Similarweb-Visits und die gerade erschienenen Unique User aus den AGOF Digital Facts Oktober 2016 der obigen Angebote in Relation, so ergibt sich ein Visits/UU-Faktor von 1,2 bis 2,3.
(5) Markenaktivitäten und Social Referrer
Die meisten großen Content-Anbieter sowie immer mehr der bedeutenden Marken und eCommerce-Player im lokalen Markt sind mittlerweile auf Pinterest aktiv. Verschiedene Case Studies wurden mit diesen im letzten Jahr veröffentlicht, z.B.: Eat Smarter, Maggi, DaWanda und ELLE. Für viele (Lifestyle-)Content-Anbieter in Deutschland ist Pinterest mittlerweile oftmals der Social Referrer No. 2 hinter Facebook (Quelle: Similarweb, Dezember 2016).
Für einige Anbieter und Marken in den klassischen Pinterest-Kategorien auch die Nr. 1. Auch dieser Umstand spricht für die deutlich zugenommene Relevanz und Größe der Plattform im lokalen Markt.
(6) Content-Features und Marketing-Integrationen
Neben den angeführten Daten sind die Nutzung von Pinterest durch reichweitenstarke und/oder relevante Special Interest-Medien sowie Influencer weiterer Indikator für eine lokale Marktbedeutung. Pinterest als Ideenkatalog wird von vielen Medien genutzt, um attraktive, zum Teil auf (Trend-)Daten basierende, interaktive Content-Strecken zu erstellen.
Mittlerweile haben die meisten Lifestyle-Medien und -Marken in den Pinterest-Kernkategorien den Pinterest-Button zusätzlich zu den bisherigen Social Sharing-Buttons installiert, um es Usern einfacher zu machen, sich für sie relevanten Content mit Pinterest zu merken. Gleiches gilt für viele Retailer. Für den Content-Anbieter steigt somit die Engagement-Wahrscheinlichkeit und zudem gelangt der Content auf die Pinterest-Plattform, wo weitere User mit ihm in Kontakt kommen können.
Durch die Marktentwicklung in den letzten 2,5 Jahren sind mittlerweile auch viele Influencer auf der Plattform aktiv. So findet man beispielsweise viele Blogger und Influencer aus den Bereichen Food, DIY/HomeDecor und Fashion auf der Plattform (Fashionblogger-Beitrag) . Viele YouTuber nutzen Pinterest beispielsweise als Ideenkatalog für ihre Videoproduktion und erstellen Videos (z.B.: „Pinterest Hacks“ Videos) basierend auf Inspirationen, die sie auf der Plattform gefunden haben.
Mit der gestiegenen Verbreitung und dem Wissen um die Funktionsweise von Pinterest ist auch die Nutzung bei den großen FMCG-Marken und Retailern gestiegen. Das jüngste Beispiel ist der OTTO-API-Case (Link zum LinkedIn Hintergrundbeitrag). MAGGI auf der anderen Seite nutzt Pinterest im Rahmen seiner Bewegtbildaktivitäten und produziert inspiriert von Pinterest-Ideen Videos für den eigenen YouTube-Kanal, die zudem crossmedial ausgespielt werden.
(7) B2B Medien-Befassung
Der gestiegene Referrer-Traffic und die intensivere Nutzung durch lokale Marken, Contentanbieter und Influencer ist auch den B2B-Medien sowie Social-/Digital-/Media-Agenturen nicht entgangen. Mehr und mehr befassen sich die „Ausbilder“ des Marketingmarktes mit der Plattform und publizieren entsprechende Guides, Reports und Studien. Den umfangreichsten Report haben bis dato vermutlich die Online Marketing Rockstars vorgelegt, der auf Research und Interviews mit Marketingverantwortlichen beruht (Link: http://www.onlinemarketingrockstars.de/reports/reports/pinterest ).
(8) Ausblick: Wachstum, Video, Promoted Pins
Für 2017 kann vss. mit einem Anhalten des positiven Trends in Deutschland gerechnet werden. Das Potential hierzulande ist sicherlich noch nicht ausgeschöpft. Im Bereich Video sind Mitte/Ende 2016 bereits einige interessant Neuigkeiten in den USA gestartet (Native video player, Promoted Video, Auto-Play-Video in Explore), die in diesem Jahr vermutlich in weiteren Ländern verfügbar werden sollten. Dies gilt auch für Pinterest’s Werbeprodukt Promoted Pins, welches derzeit in den USA, UK und Canada verfügbar ist. Pinterest hat gerade in 2016 intensiv an der Optimierung seiner Werbeoptionen gearbeitet, so dass es spannend wird zu sehen, wie dieses bei einem Start hierzulande angenommen werden wird.
Im zweiten Teil der Mini-Serie wird es um Erfolgsfaktoren und Dos and Don’ts beim Einsatz von Pinterest im Marketing gehen.